- Baader-Meinhof-Gruppe: Stammheimer Prozesse gegen RAF-Mitglieder
- Baader-Meinhof-Gruppe: Stammheimer Prozesse gegen RAF-Mitglieder»Stammheim« wurde in der Geschichte der Bundesrepublik zum Synonym für die strafrechtliche Auseinandersetzung mit dem Terrorismus der »Rote Armee Fraktion« (RAF), obwohl Terroristenprozesse auch an anderen Orten stattfanden. Auf dem Gelände der Strafanstalt in Stuttgart-Stammheim war eigens ein mit aufwendigen Sicherheitseinrichtungen ausgestattetes Gerichtsgebäude errichtet worden. Hier begann am 21. Mai 1975 vor dem Oberlandesgericht Stuttgart der Prozess gegen die ersten Anführer der RAF, Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe. Gericht und Bundesanwaltschaft sahen sich vor die Aufgabe gestellt, mit den Mitteln des Strafrechts die kriminellen Taten von Angeklagten zu ahnden, die für sich den Status von Kriegsgefangenen und die Anwendung des Kriegsrechts reklamierten. Im Verlauf des Verfahrens stellte die Verteidigung zahlreiche Befangenheitsanträge, nach dem 85. Antrag wurde im Januar 1977 der Vorsitzende Richter von der Prozessführung entbunden; es kam zu einem zeitweiligen Prozessboykott vonseiten der Verteidiger sowie zu Hungerstreiks der Angeklagten. Die Justiz griff andererseits zu rechtsstaatlich bedenklichen Maßnahmen wie der Entpflichtung sämtlicher Wahlverteidiger bis auf einen, Fortsetzung des Verfahrens in Abwesenheit der Angeklagten und Abhören der Gespräche zwischen Anwälten und Angeklagten. Die Urteile wurden am 25. April 1977 verkündet. Baader, Raspe und Gudrun Ensslin erhielten lebenslängliche Haftstrafen wegen vollendeten bzw. versuchten Mordes in mehreren Fällen sowie wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Ulrike Meinhof hatte im Mai 1976 Selbstmord verübt. Die Urteile erlangten keine Rechtskraft, da die Verteidigung Revision einlegte, die mit dem Tod der Angeklagten im Oktober 1977 gegenstandslos wurde.In der Auseinandersetzung mit dem Terrorismus haben Erfahrungen aus dem Stammheimer Baader-Meinhof-Prozess zu einer Reihe von Änderungen im Strafprozessrecht geführt, die allgemein die Rechte von Angeklagten und Verteidigern einschränkten.
Universal-Lexikon. 2012.